KURIER: Herr Bundespräsident, Sie kommen von der UNO-Generalversammlung. Israels Premier warnte dort den Iran, die rote Linie zu überschreiten. Droht ein Atomkrieg?
Heinz Fischer: Die Drohung ist nicht ein Atomangriff, sondern ein konventioneller Militärschlag. Aber ich sage immer: Es muss uns gelingen, den Verzicht auf das Faustrecht auch auf die internationale Ebene zu bringen; Probleme nicht durch militärische Gewalt zu lösen.
Würden Sie verstehen, wenn sich Israel präventiv gegen den befürchteten Atomangriff des Iran wehrt?
Ich verstehe die Besorgnisse, die es in Israel und anderen Ländern gibt. Ich
kann mich aber nicht dazu durchringen, einen präventiven Atomschlag gutzuheißen. Auch der amerikanische Präsident will, dass alle Verhandlungsmöglichkeiten bis zuletzt ausgeschöpft werden.
Ein bewaffneter Konflikt scheint immer unausweichlicher. Gibt es noch
Verhandlungen?
Israels Ministerpräsident Netanjahu war tatsächlich sehr deutlich. Aber es gibt
noch immer Verhandlungsspielraum und Experten, die sagen, der Iran wolle sich
zwar so weit wie möglich als Regionalmacht etablieren, aber es gibt sehr, sehr
starke Gründe, dass letztlich kein Staat Atomwaffen einsetzt, weil er damit
auch die eigene Existenz aufs Spiel setzt. Das war ja auch im Kalten Krieg so.
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Die kommende Volksbefragung über die Wehrpflicht haben Sie ausdrücklich begrüßt. Werden Sie dazu aufrufen, hinzugehen?
Ich habe zu dieser Frage seit vielen Jahren eine klare Meinung, die sich nicht
geändert hat ….
Sie bleiben Fan der Wehrpflicht?
Ja, aber ich werde mich nicht als Teil des Wahlkampfes instrumentalisieren
lassen. Darüber, ob ich die Österreicher aufrufe, sich an der Volksbefragung zu
beteiligen, muss ich noch nachdenken.
Wenn jene, die für die Wehrpflicht sind, ein Zitat von Ihnen verwenden
und dies groß plakatieren, würden Sie sich ärgern oder mehr?
Ich glaube, dass alle so vernünftig sein werden, den Bundespräsidenten nicht in
diesen Wahlkampf hineinzuziehen; ich möchte nicht auf einem Plakat aufscheinen.
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Sie sind als Oberbefehlshaber des Heeres oft in Kasernen. Teilen Sie den
Eindruck, der jetzt im Zuge des „Heeres-Wahlkampfes“ verbreitet wird: Die Mehrzahl der Soldaten sind nur Systemerhalter ?
Wenn es so wäre, hätte man das längst ändern müssen. Außerdem habe ich Probleme damit, dass man die Rolle des Heeres an Feiertagen lobt, es jetzt aber sehr
harsch behandelt. Auch in einem Berufsheer wird es notwendig sein, dass für
Soldaten gekocht wird, dass Uniformen gebügelt werden und dass es Lkw- und
Jeepfahrer gibt. Natürlich kann man sagen, wir haben sehr viel Geld und
übertragen diese Aufgaben nicht Rekruten, sondern engagieren uns Köche,
Reinigungsfirmen, Fahrer und lassen das alles gegen Bezahlung machen. Aber wenn
wir jetzt dafür kein Geld im System der Wehrpflicht haben, woher soll es dann
in einem Berufsheer kommen?
Ein Berufsheer käme also teurer?
Dazu habe ich mich gerade geäußert.
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Auszug aus dem KURIER – Artikel: Fischer: „Stronach ist ein bunter Vogel“
vom 29.09.2012 von Helmut Brandstätter und Josef Votzi