Nr. 18/05/11 Stellungnahme zum Rückzug des Ressorts aus dem Vorstand der ÖOG

Die ÖOG ist ein parteipolitisch unabhängiger Verein, der als Dachverband von insgesamt 10 Landesoffiziersgesellschaften mit mehr als 6000 Mitgliedern (Offiziere des Aktiv-, Miliz-, Reserve- und Ruhestandes) den Zielen einer umfassenden Sicherheitspolitik und Landesverteidigung verpflichtet ist und sich als „Sicherheitspolitisches Gewissen der Republik Österreich“ in allen sicherheits-, wehr- und verteidigungspolitischen Belangen versteht. Die Offiziersgesellschaft verkörpert somit einen nicht unerheblichen Anteil jener österreichischen Staatsbürger, die ihrer Heimat in besonderer Verpflichtung dienen oder gedient haben. Mit Mitgliedern aus den Rängen vom Offiziersanwärter bis zum General repräsentiert die ÖOG damit auch ein Know how- und Erfahrungspotential, dass von allen bisherigen Verteidigungsministern, aber auch Oberbefehlshabern oder vormaligen Bundeskanzlern gehört wurde (siehe auch Chronik der ÖOG 1960 bis 2010).

Zur Vorgeschichte seien die wesentlichen Eckpfeiler der Entwicklung in Erinnerung gerufen:

  • 9. Juni 2010: Unter dem donnernden Applaus von mehr als 800 Teilnehmern und in Anwesenheit ua des Bundespräsidenten als Oberbefehlshaber des ÖBH, der Nationalratspräsidentin und des Außenministers verkündet Bundesminister Mag. Norbert Darabos beim Festakt „50 Jahre Österreichische Offiziersgesellschaft“ im historischen Sitzungssaal des Parlaments: „Unter meiner Amtsführung wird es kein Hinentwickeln des Bundesheeres zu einem Berufsheer geben. An der Wehrpflicht darf nicht gerüttelt werden. Sie ist Ausdruck der gemeinsamen Verantwortung aller Bürger für die Sicherheit der Republik.“ Mit dieser Rede setzte der Bundesminister konsequent eine wehrpolitische Linie fort, die er entsprechend dem Regierungsprogramm gemeinsam mit General Entacher seit langem vertrat.
  • 3. Juli 2010 – Darabos: „Für mich ist die Wehrpflicht in Stein gemeißelt. Mit mir als Verteidigungsminister wird es kein Ende der Wehrpflicht geben.“
  • 17. Juli 2010 – Darabos: „Berufsheer kostet  das Doppelte“
  • 2.  Oktober 2010 – Am Tag der Leutnante an  der Militärakademie in Wr. Neustadt erklärt sich Verteidigungsminister Darabos in Anwesenheit des Bundespräsidenten zum letzten Mal klar für die allgemeine Wehrpflicht: „Die allgemeine Wehrpflicht garantiert die Verankerung der Armee in der Gesellschaft“.
  • 4. Oktober 2010 Der Wiener Bürgermeister Häupl erklärt wenige Tage vor der Wiener Wahl, dass er sich  für eine Volksbefragung zur Wehrpflicht stark machen möchte, er werde in  der SPÖ dafür werben und auch Druck machen.
  • 4. Oktober 2010 heißt es in einer Aussendung: „Verteidigungsminister Norbert Darabos spricht sich für eine offene Diskussion zur Wehrpflicht in
    Österreich aus. Zu diesem Diskussionsprozess gehöre auch, alle Fakten und
    Argumente genau zu prüfen und auf den Tisch zu legen.“
  • 5. Oktober 2010 – Ein offener Brief der ÖOG ua an den Bundespräsidenten als Oberbefehlshaber, das Parlamentspräsidium, die Bundesregierung, darunter auch an den Verteidigungsminister,  mit äußerst sachlichen Bedenken zu der populistisch angezettelten Entwicklung.
  • Jeglicher Versuch des Vorstandes der ÖOG, mit dem Bundesminister zu diesem Kurswechsel in ein Gespräch zu kommen, scheitert.
  • 17.1.2011 – Darabos will Berufsheer, wünscht sich aber gleichzeitig
    eine möglichst breite Diskussion über diese Frage.
  • 22.1.2011 – Darabos äußert eine öffentliche Drohung an alle
    MitarbeiterInnen: „Wer nicht mitzieht, wird mit personellen
    Konsequenzen zu rechnen haben.“
  • Die ÖOG macht von ihrem verfassungsmäßigen Recht der
    Meinungsfreiheit Gebrauch und fordert im Hinblick auf sein
    undemokratisches Verhalten gemeinsam mit der Österreichischen
    Unteroffiziersgesellschaft und der Bundesvereinigung der Milizverbände den
    Rücktritt des Ministers.
  • 24.1.2011 – Darabos beruft Generalstabschef Entacher ab, weil sich
    dieser für den Erhalt der Wehrpflicht ausspricht und mißachtet damit das
    demokratische Recht auf freie Meinungsäußerung, das auch für alle Bediensteten seines Ressorts gilt.
  • Die ÖOG macht von ihrem verfassungsmäßigen Recht der
    Meinungsfreiheit Gebrauch und fordert erneut den Rücktritt des Ministers.
  • 24.1.2011 – Darabos vergleicht im ORF die Bedeutung der ÖOG mit der des Sportclubs Kroatisch Minihof, dem Fußballverein seiner Heimatgemeinde, dem er selbst als Präsident vorsteht.
  • 31.1.2011 – Offiziersgesellschaft rechnet das Budget vor, was zu bisher zweimaliger Zahlenkorrektur durch den Bundesminister führt.
  • 8.2.2011 – ORF-Report: Darabos: „Meinung der Militärs ist irrelevant“
  • April 2011 – Die ÖOG beantragt – im Sinne des Ministerwortes für eine offene
    Diskussion zur Wehrpflicht in Österreich – die  Mitwirkung des BMLVS bei ihrem 6. Sicherheitspolitischen Symposium. Diese wird abgelehnt.
  • April 2011 – Die ÖOG gibt bekannt, dass das Symposium durchgeführt wird
  • Mai 2011 -Das BMLVS bricht den nie eingegangenen Dialog entgegen der
    vom Minister geforderten „offenen Diskussion“ mit der ÖOG einseitig ab und
    beschuldigt die ÖOG der mangelnden gedeihlichen Zusammenarbeit.

Bundesminister Darabos ist damit der erste Minister, der es ablehnt, eine offene demokratische Diskussion zu führen und die Österreichische Offiziersgesellschaft, die von seinen Vorgängern als Teilnehmer an den beiden großen Bundesheerreformkommissionen, aber auch in anderen Fachgremien immer wieder in den Dialog einbezogen wurde, zu integrieren.

Am 25. Mai 2011 wird daher die ÖOG auf Basis der geltenden Österreichischen Bundesverfassung auch ohne Unterstützung des BMLVS das 6. Sicherheitspolitische Symposium der Österreichischen Offiziersgesellschaft mit dem Thema “Allgemeine Wehrpflicht – Sicherheit und Solidarität für Österreich” im Haus der Industrie in Wien durchführen.

Für die ÖOG ist die offene Diskussion zu Fragen der verfassungsmäßig verankerten Wehrpflicht ein zentrales Anliegen für die Sicherheit der Republik Österreich – auch für eine Zeit nach Darabos.

Die ÖOG war und ist stets zu Gesprächen bereit. Es ist der gegenwärtige Bundesminister für Landesverteidigung, der es ablehnt, mit Menschen zu reden, die nicht seine jeweils aktuelle Meinung teilen.

 

Die Aussendung des BMLVS vom 6. Mai 2011 im Wortlaut:
Wien (APA/OTS/BMLVS) – Das BMLVS beendet mit heutigem Datum und sofortiger Wirkung seine Mitarbeit bei der Österreichischen Offiziersgesellschaft (ÖOG). Generalleutnant Christian Segur-Cabanac, der als Vertreter des BMLVS in den Vorstand der ÖOG kooptiert war, hat diese Funktion im Einvernehmen mit dem BMLVS zurückgelegt. Eine gedeihliche Zusammenarbeit mit der ÖOG sei aufgrund der fehlenden bzw. zerrütteten Gesprächsbasis aus Sicht des BMLVS nicht mehr gegeben.

 

Powered by Martin HEINRICH